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SPARTAQUE - TECHNO AUS KIEV

Vitalii Babi oder besser bekannt als Spartaque hat in den letzten Jahren einen beachtlichen Lauf hingelegt. Er kann wohl ohne rot zu werden als einer der aufstrebendsten Techno Acts bezeichnet werden. Bei seinem Output könnte man tatsächlich annehmen, dass er so gut wie niemals schläft. Veröffentlichungen auf internationalen Labels wie Tronic oder Phobic und Support seiner Tracks von den Big Playern der Szene zeichnen Spartaque ebenso aus wie auch seine stets impulsiven und treibenden Sets. Wer Spartaque live erlebt, wird diesen Moment wohl so schnell nicht vergessen. Dem noch nicht genug führt Spartaque auch noch seine zwei Label CODEX und IAMT ins Rennen, mit denen er nicht minder erfolgreich ist. Wir haben mit Spartaque gesprochen.



Erzählst du uns etwas über deine musikalischen Wurzeln?

Hi! Klar erzähle ich euch etwas darüber. Ich bin in einer sehr musikalischen Familie aufgewachsen, meine Eltern leiteten einen Chor und ich war backstage immer mit dabei. Die ganzen Musiker waren häufig bei uns zu Hause zu Besuch, da wurde dann gesungen und Klavier gespielt. Da habe ich natürlich auch mitgemacht und Beifall geerntet. Aber als ich sechs war und meine Eltern sich scheiden ließen, die Sowjetunion zusammenbrach und die Marktwirtschaft eingeführt wurde, hat sich mein Leben drastisch geändert. Meine Mutter machte sich selbständig und hat der Musik endgültig den Rücken gekehrt. Ich erinnere mich noch, wie sie mir nach der Trennung von meinem Vater sagte, dass sie mich niemals einen musikalischen Karriereweg einschlagen lassen würde. Aber das sollte wohl nicht so sein, ich habe mich nicht daran gehalten und bin immer noch ziemlich erfolgreich.


Und wie hast du das Produzieren elektronischer Musik gelernt?

Wie gesagt, mein Leben war schon immer von Musik geprägt, auch bevor ich mit meinem ersten Sequenzer in Berührung kam. Ich fand es faszinierend, ganz unabhängig eigene Musik machen zu können. Meine ersten Schritte machte ich mit Music 2000 auf der PlayStation 1, als ich noch zur Schule ging. Damals gab es natürlich noch kein YouTube und ich hatte auch keine Freunde, die mir etwas über elektronische Musik, Mixen, Mastern oder solche Dinge hätten beibringen können. Aber ich hatte den starken Willen, Musik zu produzieren und dank der PS1-Software habe ich sogar ein ganzes Album aufnehmen können. Damit hat alles angefangen. Später habe ich dann bei Fruity Loops (heute: FL Studio) gearbeitet. 2007 kaufte ich mir mein erstes MacBook und benutzte Logic Soft. Heute habe ich Ableton, damit bin ich sehr zufrieden, ich kann damit schnell meine Ideen umsetzen. Vielleicht wird es bald eine noch bessere Software geben, ich bin da für alles offen.


Was ist die Grundlage deines Techno Sounds?

Ich würde mich als eine Art Filter bezeichnen. Ich bin der Filter, der die Dinge, die ich um mich herum wahrnehme und die mir gefallen, durch mich durchfließen lässt. Ich versuche wirklich, mir eine möglichst große Bandbreite an Musik, die weltweit gespielt und produziert wird, anzuhören. Jede Woche höre ich mir sehr aufmerksam eine Menge Tracks für die Musikauswahl meines nächsten Gigs an, das sind so um die 350 Tracks, von denen ich gerade mal zehn oder 15 in meine Sammlung aufnehme und dann spiele. Das ist wahrscheinlich meine Kern-Aufgabe als Künstler, aus der riesigen Masse das Unwesentliche herauszufiltern, damit am Ende das, was in meinen Augen gerade maßgeblich ist, übrig bleibt. So ähnlich funktioniert es auch, wenn ich Musik schreibe. Ich höre mir jede Menge Tracks an und ziehe das für mich Interessante und Inspirierende heraus. Jeder Künstler, jeder, der gerade an einem Track arbeitet, könnte bald meine Inspirationsquelle sein.


Wie ist die Club-Szene in Kiew und im Rest des Landes?

Das ist eine gute Frage. Du liegst richtig damit, die Musik-Szene in Kiew getrennt vom Rest des Landes zu sehen. Das ist in der Tat traurig, aber wahr. In Kiew herrscht heutzutage eine großartige Musik-Atmosphäre, es gibt eine richtige Techno-Szene, viele Veranstaltungen finden statt. Zu nennen wären z.B. der Underground Techno Rave "Skhema" oder "Ostrov", die Veranstaltungsreihe "Strichka" vom Closer Club. Wir haben auch unsere eigene Veranstaltungsreihe "Codex Showcase". Wir hatten schon Rooftop-Partys und im Rahmen des Belye Nochi Festivals werden wir unsere eigene Bühne haben. In Kiew wird also einiges geboten, aber was sich außerhalb, im Rest des Landes abspielt, weiß ich leider nicht, da ich hauptsächlich in Europa und Amerika unterwegs bin. Aber was Kiew anbelangt kann ich wirklich sagen, dass es eine große Fanbase gibt, die Events werden auf hohem Niveau ausgerichtet, auch was das Booking ausländischer Gäste betrifft. Die Veranstalter machen einen guten Job und wissen, dass sich der ganze Aufwand lohnt. Und darüber freue ich mich sehr.


Wenn man von deinen Live-Videos ausgeht, hast du viel Spaß an den Decks. Wie bereitest du dich darauf vor, flexibel zu sein?

Naja, ich stecke natürlich sehr viel Mühe in die Vorbereitung. Ich mache meinen wöchentlich erscheinenden Podcast "Supreme", so können sich die Leute meine Live-Sets anhören. Die erste Stunde besteht hauptsächlich aus neuen Tracks. Das ist ziemlich riskant, denn was sich im Studio oder unterwegs über Kopfhörer gut anhört, kann auf dem Dancefloor ganz anders ankommen. Daher mixe ich die erste Stunde sehr schnell, bis zu 18 Tracks quetsche ich rein. Mir bleibt keine andere Wahl. Das habe ich für mich herausgefunden, dass ich das den Leuten geben will und ich möchte der DJ sein, der immer die neuesten Sachen spielt, die noch keiner zuvor gehört hat. Nach dieser ersten Stunde spiele ich dann Promo-Demos meines Labels und solche Tracks, mit denen ich auf der sicheren Seite bin, die immer gut laufen. Jedes Set, das nur zwei Stunden dauert, ist eine kleine Herausforderung für mich, da ich gerne länger spiele, damit ich mich den Leuten richtig öffnen und das Potential meiner Musiksammlung zeigen kann.


Gibt es etwas außerhalb des Techno, ohne das du nicht leben kannst?

Da gibt es einiges. Ich mache viel Sport, ich trainiere im Fitness-Studio. Mit meiner Familie verbringe ich auch gerne Zeit... Das ist mir alles sehr wichtig. Außerdem fallen mir immmer wieder neue Projekte ein, ich erschaffe gerne Dinge. Es hat aber immer etwas mit Musik zu tun. Wir planen ein neues Event und die Organisation vereinnahmt mich sehr. Aber natürlich bin ich hauptberuflich DJ. Es gibt ein Sprichwort: Finde den Job, der deine Seele erfüllt, dann wirst du keinen einzigen Tag in deinem Leben arbeiten müssen. Insofern habe ich also Glück. Meine Arbeit ist gleichzeitig mein Hobby, meine Leidenschaft, meine Liebe. Es ist das, was ich machen will, was mich motiviert und das fast meine gesamte Zeit in Anspruch nimmt. So bin ich. Musik und Techno sind allgegenwärtig.


Und was treibt dich an?

Das scheint nun die logische Fortsetzung der vorangegangenen Frage zu sein. Was mich antreibt ist nicht unbedingt das Produzieren oder DJing, sondern insbesondere der Management-Prozess, mit dem ich immer bessere Resultate erziele, meine Karriere weiterentwickle und Horizonte öffne, neue Länder, neue Locations, Leute kennenlerne... All das finde ich toll, das kickt mich. Ich bin nie gelangweilt oder frustriert. Natürlich bleibt es nicht aus, dass Dinge anders laufen als erwartet oder hier und da eine Herausforderung auftaucht, aber das macht uns stärker und zu besseren Menschen. Ich bin immer bereit, mich solchen Situationen zu stellen, wir können viel daraus lernen. Ich arbeite um des Ziels willen, nicht wegen des Geldes. Das ist großartig und kann ich jedem nur empfehlen.


Warst du schon einmal in Berlin und wie findest du es dort?

Ja, ich war schon in Berlin. Eine coole Stadt mit so viel Energie. Ich weiß noch, bei meinem ersten Besuch kam ich mit dem Zug aus Nürnberg und ich war schon so gespannt, endlich in diese legendäre Stadt zu kommen. Ich hatte schon einige Booking-Anfragen aus Berlin, aber irgendwie ist dabei nie irgendwas zustande gekommen. Ansonsten spiele ich oft in Deutschland, hauptsächlich im Westen und Südwesten. Ich liebe Deutschland. Das Publikum dort ist spitze, die Techno-Szene ist ganz groß. Daher bin ich guter Hoffnung, dass meine Berlinbesuche nicht nur touristischer Art bleiben und ich bald einen Gig dort spielen kann. Jedes Mal, wenn ich dort bin, freue ich mich, dass ich ein Stückchen von Berlins Energie tanken kann.


Was steht auf deinem Tourplan in den nächsten Monaten?

Mein Tourplan ist richtig vollgepackt. Im September steht das Belye Nochi Festival in Kiew an, das von Art Platforma veranstaltet wird. Dort werden wir unsere eigene Codex Showcase Bühne haben. Außerdem noch Finnland, Deutschland, Spanien, Portugal, Belgien, Slowenien, Italien, Mexiko, Niederlande, Österreich... Das sind jede Menge Termine. Dieses Jahr hat sich bei mir karrieremäßig einiges getan. Ich werde euch auf meiner Website und über Facebook auf dem Laufenden halten. Danke für das Interview, es war mir eine Freude eure Fragen zu beantworten.



www.soundcloud.com/spartaque

www.facebook.com/spartaquelive