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Dr. Motte's Birthday Celebration 2017

Er steht für so viel mehr als nur für Musik: große Visionen und umfassende Entwürfe von dem, wie man miteinander feiern und vor allem zusammen leben kann, begleiten das Schaffen von DR. MOTTE seit jeher. Am 08.07. senkt sich für ihn der Tonarm in eine neue Plattenrille, ein neuer Geburtstag wird gefeiert und wir hatten daher die große Freude, ihm ein paar Fragen stellen zu können.

Bei keinem anderen DJ gehen Musik & politisch/gesellschaftliche Impulsgebungen so Hand in Hand wie bei Dir. Was glaubst Du, warum das so ist, dass das Politisch/Gesellschaftliche so eine Bedeutung für Dein Tun hat? Gab es dafür einen Auslöser, einen Anlass, ein Umfeld?
 
Mit 12 war ich schon auf meiner ersten Demo in Berlin. Meine Mutter zeigte mir irgendwann mal ein Bild vom Abwurfplatz der Atombombe in Hiroshima, wo so viele Menschen starben. Das hat mich erschüttert, genauso wie der Holocaust und das Deklarieren von Kunst als "entartet". Damals habe ich zum ersten mal richtig bewusst meinen starken Sinn für Ungerechtigkeit und Menschlichkeit gespürt und danach sehr viel darüber gelesen, nachgedacht und erkannt, dass alle Menschen im Kern eigentlich zur Selbsterkenntnis gelangen wollen. Keiner will leiden, sondern einfach glücklich sein. Das motiviert mich. Ich bin ja auch ein Teil der menschlichen Familie auf diesem unseren Planeten und deswegen engagiere ich mich am Ende für alle meine Brüder und Schwestern und Tanten und Onkels und Omas und Opas usw. 
 
Anfang der 80er warst Du in verschiedenen Bands aktiv, Mitte der 80er trat dann das DJing auf den Plan. Wie kam es dazu? Und was wurde so aus den Bands bzw. gab/gibt es da noch Kontakte?
 
Die 1980er waren eine tolle Zeit. West-Berlin war ein Sammelbecken vieler Künstler, die keinen Bock hatten zur Bundeswehr zu gehen. Weil Berlin von den Alliierten besetzt war, gab es die Wehrpflicht hier halt nicht. Das hatte viele Vorteile. Die Situation für Berlin war unklar und deswegen der Wohnraum super billig. Wir brauchten nicht viel Geld zum Leben, konnten uns deshalb auf unsere Musik konzentrieren und waren frei. Viele Künstler aus New York fühlten sich spontan richtig und wohl in Berlin. Neben meinen Bands "Tote Piloten", "DPA" und Punkbands sammelte ich schon immer Platten – genau genommen schon seit 1972. Da war ich 12. (Irgendwas magisches muss diese Zahl haben…) Deshalb hab ich mich auch immer gut mit Musik ausgekannt. John Peel war ein großes Vorbild für mich. Ich eröffnete dann mit drei Freunden 1986 die Turbine Rosenheim in Berlin und dort veranstaltete ich zwei Jahre später die erste Acid House Party... Ab da konnte ich dann keine ordinäre Musik mehr auflegen, was ich vorher tat. Hin und wieder treffe ich den ein oder anderen Bandkollegen von damals, und das ist dann immer ein großes HALLO :-D 
 
Ende der 80er schien die Welt am Abgrund, die atomare Apokalypse stand gefühlt direkt vor der Tür - doch dann kam zum Glück aber alles noch ganz anders. Der Mauerfall in Berlin, was hast Du an dem Abend gemacht? Wie hast Du die Tage um den 9.11. erlebt?
 
In Berlin haben wir den Untergang gefeiert. 1981 entstand die Bewegung der Genialen Dilettanten. Ein zweitägiges Festival im Tempodrom. In Kreuzberg haben wir mitten in der Stadt, aber gefühlt direkt an der Mauer wie am Worlds-End gelebt. Wir hatten unsere Ruhe und konnten machen, worauf wir Lust hatten. Es gab ein paar Cafés in denen man immer einen getroffenen hat, den man kannte. Telefon, Fernsehen oder Internet gab's für uns damals nicht und das brauchten wir auch nicht. Ich hab am 9.11. Kunst aus Kiel mit einem LKW nach Berlin gefahren. Plötzlich kamen mir auf der Westseite, als ich kurz vor der DDR Grenze war, Trabbis entgegen. Da wußte ich, heute ist irgendetwas passiert. Die Tage danach hatte ich mit meinen Freunden verbracht. Den Trubel um die Mauer haben wir gehasst. Aber der Türke an der Ecke hatte in einer Stunde eine ganze Palette Bananen verkauft. Schön für ihn. Einen Tag später blieb er schon darauf sitzen. 
 
In den 90ern ging es dann in eine komplett neue Zeit, von der letztendlich gar nicht mal so viel übrig geblieben ist, wie mir scheint. Wie hast Du das so “als Ganzes” erlebt?
 
1988 wurde in England der "Second Summer of Love" ausgerufen. Es gab halt eine neue Music. Acid und Balearic und House. Das hat einen Impuls in der Evolution des Geistes ausgelöst. Plötzlich war ganz viel Euphorie überall. Auch der Mauerfall hat ja Grenzen im wahrsten Sinne geöffnet, das hat musikalisch viel bewirkt. Techno entstand und machte es plötzlich möglich, dass man kein Studio mehr brauchte, um einen Track zu veröffentlichen und es gab so unendlich viele neue Parties und Locations. Wir wollten alle mehr miteinander sein. 
 
Dein Leben wurde und wird komplett durch Musik bestimmt. Aus der Sicht von heute, alles richtig gemacht? Was würdest Du Deinem 18jährigen ich mit auf den Weg geben.
 
Ui! Das würde ja ein Zeit-Paradoxon auslösen, wenn ich das täte... Vielleicht auch interessant. Dann wäre ich schon wieder Pionier, hahaha... Aus meiner Sicht bin ich allen und allem sehr dankbar, denn ich bin ja auch das Produkt meiner Entscheidungen. Sicherlich habe ich und haben wir nicht immer alles richtig gemacht, aber auch das gehört nun mal mit dazu. Ändern kann ich nur heute was. Gut fand ich, dass wir in Berlin sehr furchtlos waren und den Spruch hatten "Einfach machen!".
 
Deine Geburtstagsparty steigt am 08.07. im Suicide Circus, worauf dürfen wir uns freuen, worauf freust Du Dich?
 
Ich hab 2012 angefangen meinen Geburtstag im Club zu feiern, erst in der alten Magdalena (ex. Maria am Ostbahnhof), als die geschlossen wurde, sind wir in den Suicide Circus umgezogen. Das hatte ich so vorher noch nie gemacht, auch wenn sich bis heute hartnäckig das Gerücht hält, die Loveparade wäre als meine Geburtstagsparty gestartet. Die fand 1989 aber am 1. Juli statt, mein Geburtstag ist aber am 9. Juli... Wir werden dieses Jahr wieder im Suicide Circus Berlin feiern und erfinden uns dabei immer wieder neu: Artwork, Deko, Lineup. Wir haben ja immer 2 Floors und ich nehme mir als Geburtstagskind heraus, auf dem Open Air Floor den Schluss zu spielen. Das kann schon mal dauern. Außerdem habe ich dann auch Zeit die Sets von meinen Gästen zu genießen. Ich freue mich auf die Musik von Alex Bau, Alan Oldham a.k.a. DJ T-1000, Dinamite, Henning Richter und André Gawlitza!
 
Was kommt nach dem B-Day? Releases, Gigs, was bringt der Sommer?
 
Ich habe ein paar Remixe gemacht, die im Spätsommer und Herbst erscheinen werden. Seit April habe ich jeden dritten Donnerstag im Monat eine kleine Sendung mit dem Namen "Dr. Motte's Open Mind Radio Show" auf dem Club Channel von 54house.fm. Hören könnt ihr das auch auf Soundcloud, Mixcloud & hearthis.at... Viele schöne Gigs stehen im Kalender, wie z. B. auch wieder die Antaris, bei der ich, wie schon letztes Jahr, das Abschlussset auf dem Alternativ Floor spielen darf. Da freue ich mich schon wie ein kleines Kind drauf. 2016 haben wir ja mein Booking ausgelagert und dafür Claudi von Pearls Booking mit ins Boot geholt. Sie ist einfach super und es macht sehr viel Spaß mit ihr zu arbeiten. Ihre Power hat bei mir alles noch mal zusätzlich angeschoben und es kommt demnächst noch einiges... Darüber kann ich gerade leider noch nicht sprechen, aber das wird aber was Größeres, hi hi... :-)

Um in Sachen Gigs und Releases auf dem Laufenden zu bleiben, checkt einfach blog.drmotte.de im Netz. Nicht versäumen solltet ihr auf jeden Fall seinen B-Day am 08.07. im Suicide Circus zusammen mit Alex Bau, Alan Oldham a.k.a. DJ T-1000, Dinamite, Henning Richter und André Gawlitza! (fhp)

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